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Weniger Medikamente – mehr Leben: Praxis-Tipps zum „Deprescribing“

 

Zwischen 12.000 und 58.000 Patienten werden Hochrechnungen zufolge jährlich in Deutschland durch unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) dauerhaft geschädigt oder sterben (Quelle hier). Bei über der Hälfte der älteren Erwachsenen liegt eine Polypharmazie vor, d.h. ihr Medikationsplan sieht die Einnahme von fünf oder mehr Medikamente pro Tag vor. Mit der Zahl der einzunehmenden Medikamente steigt aber auch das Risiko für Arzneimittel-assoziierte Probleme wie Falschmedikationen und Wechselwirkungen. Außerdem kann die Polypharmazie zu geriatrischen Problemen wie Stürze, Depressionen und kognitive Beeinträchtigungen beitragen … und ebenso nehmen die Risiken für Krankenhausaufenthalte und Mortalität zu.

Weniger ist manchmal mehr: Beim Deprescribing wird der Medikationsplan unter die Lupe genommen

Beim Deprescribing wird der Medikationsplan unter die Lupe genommen und geprüft, ob wirklich alle vorgesehenen Medikamente nötig sind und zueinander passen. Das Ziel ist  es, unnötige und/oder nicht-geeignete Medikamente zu reduzieren oder abzusetzen. Dabei können den Arzt/die Ärztin zahlreiche Tools unterstützen:

Beers Criteria

STOPP/START Criteria

Rationalization of Home Medication by an Adjusted STOPP in Older Patients [RASP] list

Guidance related to low-value prescribing for the general older adult population

PRISCUS-Liste

Ein aktueller Übersichtsartikel liefert wertvolle Einblicke in die aktuellen Praktiken und Herausforderungen des Deprescribing und gibt Empfehlungen für die Entwicklung und Implementierung zukünftiger Interventionen. Die Autoren haben dazu die wissenschaftliche Literatur nach Studien durchsucht, die sich mit Deprescribing-Interventionen bei älteren Menschen beschäftigen. Insgesamt wurden 37 Studien analysiert, die spezifische Methoden zur Reduktion von Polypharmazie beschrieben.

Deprescribing benötigt strukturierten Ansatz

Als wichtig stellt sich ein strukturiertes Vorgehen heraus. Die wichtigsten Bestandteile der meisten Ansätze sind dabei:

–               Eine gute Aufklärung des Patienten
–               Die Prüfung und Bewertung der vorgesehenen Medikamente
–               Die Festlegung von Deprescribing-Zielen
–               Eine klare Kommunikation zwischen medizinischem Personal und Patienten

Größte Umsetzungshürde – Zeit

In der Vergangenheit wurden sehr viele Methoden zum Deprescribing entwickelt. Alle haben jedoch einen gemeinsamen Nachteil: Sie erfordern viel Zeit. Vor dem Hintergrund der knappen personellen Ressourcen ist die Implementierung in der klinischen Routine oft schwierig.

Quelle: Wang J, Shen JY, Conwell Y, Podsiadly EJ, Caprio TV, Nathan K, et al. Implementation considerations of deprescribing interventions: A scoping review. J Intern Med. 2024;295:436–507

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