Manche Menschen werden trotz bester medizinischer Versorgung einfach nicht gesund. Schon lange ist bekannt, dass die Gründe dafür sogenannte nicht-medizinische Bedürfnisse sein können, die – wenn sie nicht erfüllt werden – den Heilungsprozess negativ beeinflussen. Dazu gehören zum Beispiel soziale Kontakte und Aktivitäten.
Im britischen Gesundheitswesen gibt es daher bereits seit den 1990er-Jahren den Ansatz des „Social Prescribing“, also das Verschreiben sozialer Kontakte bzw. von Maßnahmen, die das soziale Miteinander fördern. Medizinische Behandlungen werden so durch Maßnahmen ergänzt, die das soziale und emotionale Bedürfnis der Patientinnen und Patienten befriedigen und den Heilungsprozess unterstützen.
Das Spektrum an Gemeinschaftsaktivitäten im Rahmen von Social Prescribing reicht von körperlichen Aktivitäten, wie etwa Gymnastik, Tanzen oder Teamsport, über gemeinsames Lernen bis hin zu Gartenarbeit, Kochkursen und kreativen Tätigkeiten.
Gut die Hälfte der Befragten kennt Social Prescribing
Im Rest von Europa ist Social Prescribing (SP) bei nur gut der Hälfte der Hausärztinnen und Hausärzte als wichtige unterstützende Maßnahme bekannt, wie eine Befragung ergab, deren Ergebnisse jetzt im European Journal of General Practice veröffentlicht wurden. Von den 208 an der Umfrage teilnehmenden Ärztinnen und Ärzte aus 33 Ländern hatten 116 (56%) schon einmal von Social Prescribing gehört. 66 (32%) verwiesen Patientinnen und Patienten regelmäßig an Gemeinschaftsaktivitäten.
Die Autoren der Studie untersuchten auch das Bewusstsein für diese Maßnahmen anhand einer anonymen Online-Umfrage. Danach waren Unterschiede in der Bekanntheit von Social Prescribing und der Überweisungspraxis sowohl zwischen den Ländern als auch innerhalb der Länder zu erkennen. Aus Deutschland antworteten zehn Allgemeinmediziner, sieben von ihnen kannten Social Prescribing. Dabei gab es deutliche Unterschiede zwischen den europäischen Ländern: In Spanien, Portugal und Deutschland war beispielsweise der Terminus „SP“ vergleichsweise bekannt; in Italien, Frankreich, der Schweiz und der Türkei hingegen konnten weniger als die Hälfte der Befragten damit etwas anfangen (Abb. 1).
Insgesamt stimmten die meisten Hausärztinnen und Hausärzte, die aktiv Patientinnen und Patienten überwiesen und über SP-Kampagnen informiert waren, darin überein, dass SP einen positiven Einfluss hat. Die Allgemeinmediziner waren sich einig, dass es die Arbeitszufriedenheit erhöht und sich positiv auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Patientinnen und Patienten auswirkt. Es lohnt sich also, Freundschaften „zu verschreiben“ und zu pflegen – und das in vielerlei Hinsicht.
Quelle: Evers, S. et al. Survey of general practitioners’ awareness, practice and perception of social prescribing across Europe, European Journal of General Practice, 2024, VOL. 30, NO. 1, 2351806, https://doi.org/10.1080/13814788.2024.2351806