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Mikroplastik in Arterienverkalkungen erhöht Herzinfarktrisiko – und nicht nur das

Mikroplastik ist in aller Munde – im übertragenen und auch direkten Sinn: Ist Plastik als Abfall erstmal in der Umwelt angekommen, wird es dort zu Mikroplastik und Nanoplastik degradiert, und es entstehen Teilchen von unter 5 mm Größe (Mikroplastik) bis zu kleiner als 1.000 Nanometer (Nanoplastik) – beispielsweise durch UV-Strahlung, Bakterien, Salz, Temperaturschwankungen oder Reibung. Menschen nehmen Mikro- und Nanoplastik (MNP) via Ingestion, Inhalation oder transdermal auf, was zur Akkumulation z. B. in Plazenta, Lunge, Leber und Blut führen kann. Ob sich MNP auch in atherosklerotischen Plaques (vulgo: Arterienverkalkung) ablagert, dass untersuchte nun eine Arbeitsgruppe aus Italien. Die Ergebnisse sind erschütternd … und fanden im März 2024 ihren Weg in die renommierte medizinische Fachzeitschrift New England Journal of Medicine.

Die Forschenden untersuchten die Verkalkungen innerhalb der Arterienwand der Karotis (Halsschlagader) von 304 Patientinnen und Patienten. Die Studienteilnehmenden hatten sich wegen einer fortgeschrittenen, aber noch asymptomatischen Arteriosklerose der Karotis einer Endarteriektomie unterziehen müssen. Dieser Eingriff gilt zur Prophylaxe eines Apoplexes (Schlaganfall) ab einem bestimmten Grad der Gefäßeinengung als dringend indiziert. Bei der Operation wird die Halsschlagader eröffnet und die Plaque, also die der Blutgefäßinnenwand anheftende Verkalkung, herausgeschält. Dieses Plaque-Material wurde dann mit unterschiedlichen Verfahren (z. B. Gas-Chromatographie und Elektronenmikroskopie) auf MNP untersucht.

Bei 58,4 % der Patientinnen und Patienten fand man Polyethylen in der Halsschlagader-Verkalkungen (im Durchschnitt 21,7 Mikrogramm pro Milligramm Plaque). Bei 21,1 % fand man Polyvinylchlorid. In der Elekronenmikroskopie konnte man die kleinen Plastik-Partikel auch in den Makrophagen (Fresszellen) der Plaques direkt erkennen.

Aber hat der Nachweis von MNP in Arterienverkalkungen eine klinische Bedeutung?

Auch dieser Frage nahmen sich die Forschenden an. Sie fanden heraus, dass Patientinnen und Patienten mit MNP in ihren Plaques ein mehr als 4-fach erhöhtes Risiko für Myokardinfarkt, Apoplex oder Tod jeglicher Ursache aufwiesen (sogenannter zusammengesetzter Endpunkt; Hazard Ratio 4,53; p<0,001) – ein signifikantes und dramatisches Ergebnis.

Fazit: Mikro- und Nanoplastik, das der Mensch aufnimmt und das sich in Blutgefäßverkalkungen ablagern kann, scheint das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen und für einen frühzeitigen Tod nachweislich zu erhöhen. Häufige Quellen für Mikroplastik sind laut WWF der Abrieb von Asphalt und Fahrbahnmarkierungen, die Verwehung der Beläge von Sport- und Spielplätzen sowie der Abrieb von Schuhsohlen. Mikroplastik wird (wiederum laut WWF) aber auch ganz bewusst zur Herstellung vieler Produkte eingesetzt – etwa in Kosmetik oder Wasch-, Putz- und Reinigungsmitteln.

Mikroplastik

 

Abb.: Innerhalb eines Makrophagen in der Transmissionselektronenmikroskopie nachgewiesenes nicht-organisches Material, Abbildung aus Originalarbeit entnommen

Quelle: Marfella R et al. Microplastics and Nanoplastics in Atheromas
and Cardiovascular Events. N Engl J Med 2024; 390: 900-10; https://www.wwf.de/themen-projekte/plastik/mikroplastik