Ein 5-jähriges Mädchen stellte sich mit wiederholtem Nasenbluten, Bluterbrechen und Teerstühlen über zwei Wochen vor. Zudem traten zunehmend Atemnot, Tachykardie, Tachypnoe, Blässe und eine kardiopulmonale Dekompensation auf. Die Anamnese ergab regelmäßiges Trinken von Oberflächenwasser aus einem Bach in Äthopien, der bekanntermaßen Blutegel enthält.
Das Kind präsentierte sich akut krank in kardiopulmonaler Dekompensation. Das Labor zeigte eine massive Anämie mit einem Hämoglobin von 1,6 g/dl. Die Kombination aus schwerer normozytärer Anämie, klinischem Blutverlust und Verdacht auf Kontakt mit kontaminiertem Wasser führte zur Verdachtsdiagnose „Herzinsuffizienz bei schwerer Anämie durch oropharyngeale Blutegelinfestation“.

Unter intranasaler Sauerstoffgabe, Volumengabe und initialer Bluttransfusion wurde das Kind stabilisiert. Bei Spateluntersuchung des Oropharynx zeigte sich ein dunkelbrauner Parasit an der Zungenbasis. Im Operationssaal erfolgte eine Laryngoskopie unter leichter Sedierung. Nach topischer Applikation von Lidocain konnte der 11 cm lange Blutegel atraumatisch entfernt werden. Nach einem Monat lag der Hb bei 11,1 g/dl, und nach drei Monaten war das Kind wieder vollständig gesund.
Blutegel sind obligat hämatophage Parasiten. Aquatische Blutegel nutzen bevorzugt die Schleimhäute des oberen GI- oder Atemtrakts als Anheftungsort. Sie verfügen über einen vorderen Saugnapf mit Kieferstrukturen sowie einen hinteren Saugnapf zur Fixation. Im Speichel befinden sich lokalanästhetische Substanzen sowie das potente Antikoagulans Hirudin, das eine prolongierte Blutung selbst nach Ablösung des Parasiten verursacht. Klinisch können dadurch erhebliche Blutverluste entstehen, die bei Kindern besonders rasch zu schwerer Anämie mit hämodynamischer Dekompensation führen.
Quelle: Tiruneh MB et al. Int J Surg Case Rep 2025; 135:111859