Bei Halsschmerzen im Rahmen einer akuten Pharyngitis empfehlen Leitlinien zur Analgesie Paracetamol. In der Praxis werden aber oft auch Antibiotika verschrieben. Nun wurde genauer untersucht, weshalb es Hausärzten häufig so schwerfällt, die Leitlinienempfehlung umzusetzen.
In Belgien wurden acht Hausärzte und neun Patienten mit semistrukturierten Interviews befragt. Die Ärzte waren im Durchschnitt 42 Jahre alt, die Patienten 51. Es zeigte sich, dass Patienten hauptsächlich Bestätigung bezüglich der Erkrankung und Schmerzlinderung verlangten. Die meisten Patienten hatten VOR dem Arztbesuch im Rahmen einer Selbstmedikation KEIN Paracetamol eingenommen. Im Gegensatz dazu nahmen die meisten Ärzte aber an, dass Patienten schon einen analgetischen Therapieversuch auf eigene Faust unternommen hätten – gefragt hatten Sie danach aber nicht explizit. Die Patienten, die Paracetamol verwendet hatten, taten dies aber oft ohne Wissen über die korrekte Anwendung bzw. Dosierung (z. B. lediglich 500 mg mit zu kurzer Anwendungsdauer).
Diese unglückliche Konstellation führt in der Praxis dazu, dass die Wirksamkeit von Paracetamol bei akuten Halsschmerzen häufig als schlecht wahrgenommen wird und dass Patienten, die Paracetamol einnehmen, von dessen Wirksamkeit nicht überzeugt sind. Deshalb kommt Ärzten eine besonders wichtige Rolle bei der Aufklärung bzgl. des Wesens der akuten Pharyngitis und der sinnvollen Therapiemöglichkeiten bei.
Quelle: De Vocht et al. Eur J Gen Pract 2021; 27: 60-7
Conclusio: Auch wenn die Studienergebnisse nur auf der Befragung einiger weniger Ärzte und Patienten beruhen, können dennoch einige praxisrelevante Erkenntnisse daraus abgeleitet werden. Ärzte sollten Patienten, die sich mit akuter Pharyngitis vorstellen, explizit nach einer vorangegangenen Paracetamol-Selbstmedikation fragen (und natürlich auch nach anderen Vortherapien) – und insbesondere auch nach der Dosierung. Die Erwartungen des Patienten an eine Therapie sollten ebenfalls abgefragt bzw. geklärt werden und auch das Wesen der Erkrankung erklärt (viral versus bakteriell) und der Sinn und Nutzen einer Antibiose dargelegt werden. In der Regel ist die schnelle Schmerzlinderung das Hauptanliegen von Patienten mit akuter Pharyngitis, das mit Paracetamol gut angegangen werden kann – die Paracetamol-Therapie sollte Patienten als First-line-Option angeboten und auch so argumentiert werden. (cb)